Canakkale,

Jugendaustausch „GKW meets Troja – 2014“ vom 28.08. bis 06.09.2014

„GKW meets Troja“ - unter diesem Motto stand das diesjährige Jugendaustauschprogramm der THW-Jugend e.V. mit der türkischen Katastrophenhilfeorganisation AFAD. An dem Austauschprogramm nahmen aus Deutschland jeweils 3 Jugendliche der Ortsverbände Kempten, Korbach und Melsungen teil.

Ausblick vom Lager auf das Meer

Vom Flughafen Köln-Bonn flog die Gruppe nach Istanbul. Entlang des Marmara-Meers und der Dardanellen fuhren die Jugendlichen in einer fünfstündigen Fahrt mit dem Bus nach Kilitbahir, von wo aus sie mit der Fähre von Europa nach Asien übersetzten. Bei der Ankunft in der Unterkunft in Güzelyali, 10 Kilometer von Çanakkale entfernt, wurde die Gruppe gespannt von 9 türkischen Jugendlichen erwartet.


Der erste Tag stand ganz im Zeichen des gegenseitigen Kennenlernens. Dazu wurden die türkischen und deutschen Jugendlichen gemischt und in 2 Gruppen eingeteilt. Mit verschiedenen Geschicklichkeitsaufgaben, Spielen und Wettkämpfen wuchsen die Jugendlichen schnell in ihrer Gruppe zusammen. Nach kurzer Zeit wusste jeder, dass er sich auf den anderen verlassen kann.
Die Verständigung fand größtenteils in Englisch statt, aber auch mit „Händen und Füßen“. Spürbar war, dass die Jugendlichen von Tag zu Tag ihre anfänglichen Hemmungen Englisch  zu sprechen, überwanden und die Verständigung immer besser funktionierte.


Im Rahmen des Kennen-Lernprogramms stand auch die Diskussion über Vorurteile gegenüber den einzelnen Nationen auf dem Programm. Dabei wurde schnell klar, dass sich die Jugendlichen beider Nationen sehr ähnlich sind und vielfach die gleichen Interessen wie Musik, Fußball und Smartphones haben. Die Gespräche ergaben, dass die „typischen“ Eigenschaften allenfalls auf einzelne Personen zutreffen und nicht verallgemeinert werden können.


Highlight des Tages war der gemeinsame Strandbesuch. Bei Temperaturen von über 30 Grad bot das Schwimmen im Meer eine willkommene Abkühlung. Bis tief in die Nacht wurde dann mit Leidenschaft Basketball und Volleyball gespielt.
Am Samstag standen die Ausbildung mit Seilen und die Erste-Hilfe-Basisausbildung auf dem Programm. Stiche und Bunde wurden ebenso wiederholt, wie das Aufbinden eines Verletzen auf die Trage. Neu waren das Begehen einer Seilbrücke und der Abtransport von Verletzten über eine Behelfsseilbahn. In der Basisausbildung Erste-Hilfe lagen die Schwerpunkte in der Herz-Lungen-Widerbelebung und dem systematischen Absuchen einer Person nach Verletzungen.


Nach dem Abendessen stellten die Jugendlichen ihre Ortsverbände, Städte und Regionen vor. Die türkischen Jugendlichen präsentierten die Stadt Çanakkale.
Der erste kulturelle Höhepunkt fand am Sonntag mit der Besichtigung der antiken Stätten von Troja statt. Dort erfuhren die Jugendlichen die Geschichte der Belagerung und des Untergangs der reichen Stadt. Das „trojanische Pferd“ war natürlich Thema. Weiter auf dem Programm standen an diesem Tag der Besuch der Kadirgabucht von Assos und die Ruinen der Akropolis von Behramkale.


Am Montag wurde wieder geübt. Die Jugendlichen fuhren zum Trainingsgelände „Games of Troja“. Dieses Trainingsgelände besteht aus einer 2,5 Kilometer langen Hindernisbahn die mit einem Schleifkorb zu absolvieren war. Die Hindernisse waren bis zu 5 Meter hoch und verlangten bei 30 °C und voller persönlicher Schutzausrüstung den Teilnehmern alles ab. Am Nachmittag stand der Wechsel zu einem weiteren Übungsgelände auf dem Programm. An verschiedenen Objekten wurde das Eindringen in zerstörte Gebäude durch den Einsatz von Bolzenschneider, Hydraulikschere, Bohrhammer und Säbelsäge trainiert. Ebenso konnten die Jugendlichen das Anheben und Unterbauen von schweren Betonteilen mit Hilfe von pneumatischen Hebekissen trainieren. Am Ende dieses anstrengenden Ausbildungstages stand noch ein Nachtausflug nach Çanakkale auf dem Programm.


Das Ausbildungsprogramm am Dienstag begann mit einem Vortrag des Vorsitzenden des türkischen Amateurfunkverbandes Aziz Şaşa über Amateuerfunk im Katastrophenfall. Er stellte dar, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist, wenn Strom- und Telekommunikationsnetze längere Zeit ausfallen. Zur Demonstration der Leistungsfähigkeit des Amateurfunks hatte Herr Şaşa eine mobile Funkstation aufgebaut. Es gelang ihm Funkkontakt zur Amateurfunkstation DL7DU in Kempten herzustellen. Damit konnten die Kemptener Helfer Grüße an die THW-Geschäftsstelle in Kempten übermitteln lassen.


Die Ausbildung wurde durch eine Einführung über den Umgang mit Karte und Kompass und der Handhabung verschiedener GPS-Geräte fortgesetzt und mit einer Orientierungsübung abgeschlossen.


Als weiterer Trainingsschwerpunkt an diesem Tag stand die Rettung von Personen aus Gewässern auf dem Programm. Geübt wurden das Auswerfen einer Rettungsleine und das Steuern eines Schlauchbootes mit und ohne Motor.
Nach Ausbildung und baden war für den Abend nur noch grillen angesagt. Allerdings hatten wir so schnell nicht Feierabend. Der Bürgermeister von Çanakkale hatte uns überraschend zur Stadtratssitzung eingeladen. Gegen 22 Uhr machten sich die THW‘ler zum Rathaus von Çanakkale auf und wurden dort vor laufenden Fernsehkameras vom Bürgermeister empfangen. Gegen 0:30 Uhr waren die Jugendlichen wieder zurück im Camp und konnten nach so einem aufregenden Erlebnis natürlich nicht gleich schlafen.


Für den Mittwoch war die Abschlussübung geplant. Nachdem sich das Wetter bisher von seiner besten Seite gezeigt hatte, war heute Geduld und Umplanung angesagt. Bereits am Morgen zeichneten sich erste Gewitter ab. Das Team von AFAD entschied darauf hin, dass es im freien Gelände für die Übung zu gefährlich sei. Kurzerhand wurde die für den Donnerstag geplante Stadtbesichtigung von Çanakkale vorverlegt. Von gelegentlichem Starkregen begleitet besichtigten wir den Minenleger „Nusret“. Dieses Schiff spielte im 1. Weltkrieg eine entscheidende Rolle im Sieg der türkischen Streitkräfte über die Flotte aus englischen und französischen Kriegsschiffen. Im Anschluss besichtigten wir auch den Basar.


Am Donnerstag hatte sich das Wetter stabilisiert. Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um die 30 °C konnte die Abschlussübung nachgeholt werden. Die beiden Gruppen hatten dabei unterschiedliche Aufgaben zu bewältigen. Gruppe A musste mit Rettungsschere, Säbelsäge und Hebekissen eine verletzte Person aus einem eingestürzten Haus bergen. Noch während dieser Bergungsaktion wurde ein Teil dieser Gruppe zur Rettung einer ins Wasser gefallenen Person ans Ufer gerufen. Gruppe B hatte die Aufgabe, mit Hilfe eines GPS-Empfängers in einem einstündigen Orientierungslauf mehrere Wegepunkte abzulaufen und einen aufgefunden Verletzten zu versorgen. Mit der mitgeführten Krankentrage wurde der Verletzte zum 1 Kilometer entfernten Verbandsplatz getragen.


Am Nachmittag fuhren die Jugendlichen mit Bus und Fähre auf die Halbinsel Gallipoli. Die Halbinsel Gallipoli war im 1. Weltkrieg von türkischen Truppen mit deutscher Unterstützung einerseits und Truppen der Alliierten (Frankreich, Großbritannien, Australien, Neuseeland, Indien und Samoa)  stark umkämpft. In der Zeit vom 19.02.1915 bis 09.01.1916 gab es auf beiden Seiten ca. 100.000 Tote und 250.000 Verletzte. Im 4D-Museum „Çanakkale Destanı Tanıtım Merkezi“ konnten die Jugendlichen den Kriegsverlauf im wahrsten Sinne des Wortes „spürbar“, nacherleben und fuhren nachdenklich zurück nach Çanakkale.


Am Freitag wurde das Frühstück auf 6:45 Uhr vorverlegt. Auf dem Programm stand der Besuch des AFAD-Katastrophenschutzzentrums. In einer fünfstündigen Busfahrt fuhren die Jugendlichen nach Bursa. Im Katastrophenschutzzentrum trainieren Mitarbeiter von  AFAD mit der Zivilbevölkerung das Verhalten in Katastrophensituationen. Ausbildungsschwerpunkte sind die Erste-Hilfe-Ausbildung sowie Trainingsräume für Kohlenmonoxid Vergiftungen, das Verhalten bei Erdbeben, Stürmen und Bränden. In einem Erdbebensimulator können 4 Personen an einem Tisch Platz nehmen. Zur Simulation von Erdstößen wird der Fußboden angehoben und in stoßartige Bewegungen versetzt. Dabei fallen Einrichtungsgegenstände und Möbelstücke aus Schaumstoff um. Die Jugendlichen lernen, sich sofort unter den Tisch zu begeben, darauf zu achten elektrische Verbraucher auszuschalten und die Türen zu öffnen. Im Sturmsimulator konnten unsere Jugendlichen spüren wie sich ein Sturm mit einer Windgeschwindigkeit von 130 km/h anfühlt. Ein vernebeltes Labyrinth bot die Trainingsmöglichkeit ein verqualmtes Gebäude am Boden kriechend zu verlassen. Nach einer späten Rückkehr stand dann noch das Packen für den  Rückflug auf dem Programm. Bereits bei der Rückfahrt von Bursa war den Jugendlichen anzumerken, dass ihnen der Abschied schwer fallen würde.


Am Samstag hieß früh aufstehen. Nach einer Woche gemeinsamen Trainings, interessanter Ausflüge, abendlicher Fußball- und Volleyballspiele und intensiver Gespräche waren die Jugendlichen fest zu einem Team zusammen gewachsen. Wir hatten beim Abschied alle feuchten Augen und einige Jugendliche ließen ihren Tränen freien Lauf. Wer hätte bei der Ankunft gedacht, dass uns der Abschied so schwer fallen würde. Aus türkischen AFAD-Helfern und deutschen THW-Junghelfern wurden Freunde. Wie schön das Verhältnis zu unseren türkischen Freunden war, zeigte sich auch auf der Fähre. 5 Minuten vor dem Ablegen kamen drei Ausbilder von AFAD auf das Schiff und überreichten uns noch ofenwarme Simit (Sesamringe). Schwerer kann einem der Abschied nicht fallen.


Die Kemptener Junghelfer kehrten am Sonntagmorgen um 2:00 Uhr nach Kempten zurück.


Fazit des Betreuers:
Es war eine körperlich und geistig anstrengende Woche. Das Reisen an sich, das Zurechtfinden in einem fremden Land, mit anderen Gewohnheiten, anderem Essen und die Verständigung in einer anderen Sprache, waren eine große Herausforderung. Die Woche beinhaltete ein dicht gedrängtes Programm, das kaum Zeit für Erholung lies. Ihr habt diese Herausforderungen hervorragend gemeistert und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, Euch zu begleiten.
Ich freue mich mit Euch auf den Gegenbesuch nächstes Jahr!

Weitere Bilder und Informationen finden Sie in den unten stehenden Links.


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